4. November 2022 | Newsletter

3 Fragen an:

Janine Dudenhöffer von The Sustainable Stylist

„Watson, ich kombiniere!“, sagte bekanntlich der englische Detektiv Sherlock Holmes, wenn er einen schwierigen Fall löste. Auch für die Stilberaterin Janine Dudenhöffer ist Kombination eine der besten Antworten auf die fast unlösbare Modefrage: Was soll ich bloß anziehen? Damit Kund:innen nicht ständig neue Kleidung einkaufen, sollen sie lernen, ihren eigenen Kleiderschrank besser zu nutzen. Als Sustainable Stylistin hilft sie, sich mit weniger, dafür aber nachhaltigen Neuanschaffungen einzukleiden. Für ein Sherlock-typisches kariertes Cape würden ihr sicher endlose Kombinationen einfallen. 
Frau steht lachend vor Hauseingang. In der Hand hält sie mehrere Kleiderbügel mit verschiedenen Klamotten.
FOTO Chiara Doveri

Name: Janine Dudenhöffer
Alter: 41
Wohnort: Brandenburg/Berlin
Beruf: ausgebildete Textilmanagerin, Stylistin, Aktivistin

Der beste Rat, der mir je gegeben wurde:
„Nimm Dinge, die du ändern möchtest, selbst in die Hand.“

Mein wichtigstes Kleidungsstück:
Ein hochwertiger Blazer – weil mir souveräne Kleidung ein sicheres Gefühl gibt.

Wenn ich einen alten Kaschmirpullover sehe, erkenne ich:
Mottenlöcher ;)

Größter unvernünftiger, aber unverzichtbarer Luxus:
Wohnen im Einfamilienhaus – ich kann auf Konsum, aufs Fliegen, auf Fleisch, aufs Auto verzichten, aber auf die Ruhe in Brandenburg nicht mehr.

Diesen Berliner Ort besuche ich regelmäßig:
Die Kleiderschränke meiner Kundinnen

Wieso haben so viele Menschen das Gefühl, nichts zum Anziehen zu haben, obwohl der Kleiderschrank voll ist? Was steckt hinter diesem Gefühl der Leere im Überfluss?
Wir bekommen durch Werbung und Social Media ständig vorgegaukelt, dass wir mehr brauchen. Es sei normal, ständig neue Kleidung zu shoppen und sich damit zu belohnen. Spoiler: Können wir nicht! Denn Überkonsum ersetzt nur etwas, das an ganz anderer Stelle fehlt: Anerkennung, Aufmerksamkeit, Liebe.
 
Wie kommt man da raus, ohne ständig neue Kleidung zu kaufen?
Wir müssen uns bewusst machen, welchen gewaltigen Einfluss wir als Konsument:innen haben: Nur 2 Kleidungsstücke weniger im Jahr – das würde unseren passiven Konsum an Rohstoffen, Wasser und Energie gewaltig reduzieren und auch jene Frauen entlasten, die sich für einen Hungerlohn kaputtmachen, nur damit wir das Teil nach ein paar Mal tragen am anderen Ende der Welt verrotten lassen. Wir sollten genau hinschauen, welche Kleidungsstücke in unserem Schrank wirklich fehlen, und uns mehr dafür interessieren, wie diese hergestellt werden – und den Impuls nach Shopping durch andere schöne Erlebnisse ersetzen.
 
Wer nimmt deine Beratungen in Anspruch? Worauf bist du selbst so richtig stolz?
Meine jüngste Kundin war 13 – die älteste ist 70. Manche Menschen suchen gezielt Hilfe, um ihren Kleiderkonsum zu reduzieren. Oft sind es auch Frauen, deren Lebenssituationen oder Körper sich gerade verändert haben. In den vergangenen zwei Jahren habe ich 14 Sustainable Stylistinnen ausgebildet, um überall in Deutschland, Österreich und der Schweiz vor Ort helfen zu können. Bei ihnen finden auch Männer Hilfe, im Kleiderschrank Klarheit zu schaffen. Auf diese Bewegung bin ich stolz!
 

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