3. November 2023 I Newsletter

3 Fragen an:

Sarah Gohm, Unternehmerin, Tischlergesellin

Willst du dein Zuhause individuell schmücken oder etwas Handgemachtes verschenken? Dann komm zum Stand des Projekts „Bottleneck“. Und bring gern gleich ein paar Altglas-Flaschen mit. Wichtig: Bitte keine Pfand- beziehungsweise Mehrwegflaschen. Sarah Gohm und ihr Team gehen nämlich leeren Flaschen an den Hals, engl. „Bottleneck“. Sie haben ein hauseigenes Gerät dabei, mit dem sie Glasflaschen in Sekundenschnelle trennen. Ein wenig schleifen, schon ist etwas Neues entstanden: einzigartig und nachhaltig. Beispielsweise ein Trinkglas, eine Vase oder Lampe.  

Sarah Gohm Hochformat
Foto: bottleneck-project

Name: Sarah Gohm

Wohnort: Berlin

Alter: 46

Beruf:  Unternehmerin (Dipl. Kauffrau. Fh), M.A. Kulturmanagement & Tischlergesellin)

Die beste Upcycling-Idee, die ich je hatte: Freihand-Muster mit einer Handoberfräse in für mich unschöne Möbelfronten fräsen. So hat man eine Haptik und quasi ein Kunstwerk.

Inspiration finde ich:  im Ressourcenmangel, (engl. „Bottleneck“), egal ob beim Bauen, Kochen oder sonst wo, durch begrenzte Auswahl neue Kombinationen & Wege finden.

Mein größter unverzichtbarer Luxus: Musik und Glitzer (bio)
Mein Lieblingsort in Berlin:  auf der Tanzfläche  

Wie ist die Idee entstanden, leere Flaschen nicht wegzuwerfen, sondern daraus neue ästhetische Gegenstände zu kreieren?
Ich wohnte vor einigen Jahren in einem ziemlich abgelegenen Ort. Dinge zu beschaffen oder zu entsorgen, war eine echte Herausforderung. Ich musste 2 km zu Fuß laufen, um meinen Müll abzugeben. Insbesondere Flaschen sind ziemlich schwer. Aber auch die Situation vieler Menschen vor Ort bewegte mich, die zwar nachhaltig leben wollten, aber denen oft der Zugang zu Know-how und finanziellen Mitteln fehlten. Diese Engpässe waren Auslöser, Ansätze zu finden, die die Reduzierung und Wiederverwertung von „Müll“ ökologisch, ökonomisch und sozial für alle Beteiligten vorteilhaft machen.

Zunächst habe ich mir etwas einfallen lassen, um meine Altglasflaschen zur persönlichen Nutzung als Trinkgläser oder Lampen zu trennen: einfach, sauber und sicher wiederholbar. Das Potenzial der daraus entstandenen Technik hat sich seitdem stetig weiterentwickelt: ob für die Gastronomie, die ihre Altglas-Kosten reduzieren und gegebenenfalls gleichzeitig ihre Flaschen wieder als Trinkgläser, Lampen oder Merchandising erneut einsetzen kann oder für Vereine, soziale Werkstätten und Gruppen, die sich als dezentrale Kleinstproduktionsstätten refinanzieren können. Oder einfach für Leute wie dich und mich, die handgemachte Gegenstände kreieren und schätzen. Das reicht bis hin zu Hochbeet-Umgrenzungen oder Mauern aus Flaschen. Das Thema Glasflaschen-Kreislauf ist noch lange nicht zu Ende gedacht.

Du bietest mit deinem Team auch Workshops und Vorträge zum Thema Upcycling und Recycling an. Was können die Teilnehmer:innen anschließend konkret in ihrem Alltag umsetzen?
Am Ende ist die Entscheidung nachhaltig zu leben oft vom Geldbeutel oder von anderen ‚Bottlenecks’ abhängig. Ganz konkret geben wir daher mit, dass auch ein vermeintlicher Engpass eine Chance ist, um Bekanntes neu zu denken.
Recherchiere: Wo und wie wird das Material, mit dem ich mich beschäftige, noch eingesetzt? Oder welches Problem wurde wie bisher gelöst, gibt es Lösungen für ähnliche Herausforderungen aber in ganz anderen Bereichen? Wo entsteht Abfall oder Überfluss, der gegebenenfalls meine mangelnde Ressource ist? Betrachte Gedanken aus verschiedenen Perspektiven.
Austausch: Tausche dich mit Personen aus unterschiedlichsten Hintergründen aus. Sei offen, gerade jemand total fachfremdes bringt oft interessante Ansätze. Treffe Menschen und Orte, die sich mit Upcycling & Recycling beschäftigen, ob in Repair-Cafes, Upcycling Initiativen, shoppen in der NochMall oder Anlaufstellen für Konzeptberatung und Finanzierung wie z.B. bei der Stiftung Naturschutz Berlin oder der Zero-Waste-Agentur. 
Machen: Keine Scheu Unbekanntes auszuprobieren. Auch Altglasflaschen zu trennen, ist nicht neu. Auch vollendete Techniken können stets neu gedacht werden, wie unser hauseigenes Gerät. Niemand muss unbedingt Ingenieur sein, um etwas zu entwickeln und zu kreieren.

Du stellst das Projekt Bottleneck auf dem Zero Waste Future Festival vor. Was möchtest du den Besucher:innen vermitteln?
Mit offenen Augen durch Berlin (und durchs Leben) zu gehen, sprich Altglas-Flaschen sammeln (auch mal von der Straße) und diese richtig getrennt entsorgen oder und zu unseren Einsätzen mitbringen (aktuelle Termine unter BERLINtrenntGLAS.de). Denn hier trennen wir die mitgebrachten Flaschen live und direkt inklusive DIY Schleifstation als „free public Service“. Getreu nach dem Motto: Bringste Flasche, kriegste Trinkglas. Aber auch andere Gegenstände können im Nachgang entstehen. Viele unser Besucher:innen haben fantastische Ideen: kreative Gegenstände, ökonomische und soziale Einsatzmöglichkeiten. Wir freuen uns über jeden Austausch und unterstützen in der Umsetzung. Also: Komm her du Flasche!