
Jan, du hast drei Jahre in diesem Futtersilo gewohnt. Es sei auch ein Selbstexperiment, um zu schauen, wie viel Platz der Mensch braucht, um glücklich zu sein, hast du einmal gesagt. Jetzt wohnst du nach drei Jahren nicht mehr hier, sondern in einer Wohnung. Haben dich 13 Quadratmeter nicht glücklich gemacht?
Ich bleibe dabei: Du kannst sehr glücklich in einem kleinen Raum sein. Du merkst, was ein Raum braucht, um dort zu leben. Bevor ich ins Silo gezogen bin, habe ich zwei Jahre in einem Wohnwagen gelebt. Der hatte ungefähr nur halb so viel Raum. Ein Wohnwagen ist so effektiv entwickelt, dass er räumlich schon wieder sehr langweilig ist. Das Silo ist ein räumliches Spektakel. Wir hatten schon 35 Leute gleichzeitig hier. Man klettert 30 Mal pro Tag die Kletterwand ins Schlafzimmer hoch und runter. Das macht den Geist frei. Vor allem dieses aktive Leben vermisse ich in der Wohnung enorm.
Du bist wegen der Liebe ausgezogen. Doch ihr hattet erst überlegt, ob ihr vielleicht ein zweites Silohaus baut. Warum habt ihr das nicht gemacht?
Wir von Refunc arbeiten immer mit bestehenden Überbleibseln, und ein neues Futtersilo zu finden, wäre mir etwas zu forciert gewesen.
Du kommst aus einer Seglerfamilie und sagst, du hättest einen Großteil deiner Kindheit auf Schiffen verbracht. Wie hat dich das beeinflusst?
Erstens merkt man auf einem Segelboot irgendwann, dass es keine Ecke gibt, die keine Aufgabe hat. Das ist hier im Silo nun auch so. Und zweitens ist ein Schiff eine unglaublich schöne Ausgangsform für die Frage, wie man Probleme überhaupt lösen kann. Auf dem Segelboot bist du gezwungen, mit dem, was du hast, weiterzukommen. Du musst dich fragen: Wo bin ich? Was habe ich? Das ist das Improvisieren, was wir im Kollektiv heute professionell umsetzen.
Mein Partner in Holland ist früher auch ganz viel gesegelt. Irgendwann haben wir gemeinsam gemerkt, dass wir völlig anders als andere denken, was das Thema Konstruktion angeht. Wir sagen: Ich hab eine Idee und dann ist die da und wird umgesetzt, ohne sich einen Monat hinzusetzen und erstmal zu zeichnen. Wir nennen das dynamische Prozess-Architektur.
Was passiert jetzt mit dem Silohaus?
Das Haus hier muss vor allem geliebt werden. Das ist mit so viel Mühe und Detail und Verständnis gebaut worden. Wenn man das leer stehen lässt, dann wird das ganz traurig. Die letzten zwei Monate hat eine Künstlerin aus Chile hier gewohnt und jetzt wird es Teil eines Residence-Programms für Künstler.
Ihr nennt eure Arbeiten „eher logisch als ökologisch“. Wie ist das gemeint?
Es gibt Menschen, die finden ein Stück Treibholz und sehen darin den Baum, und dann fangen sie an, es so zurechtzusägen, dass es wieder die Form eines Baumes hat. Wenn du versuchst, etwas wieder in seine Ursprungsform zu versetzen, kostet das Energie. Vielleicht kann es ja etwas in der Form, in der es nun ist? Irgendwann findest du eine Ecke, wo der Gegenstand genau dranpasst. Ohne viel Energie hinzuzuführen. Das ist ideal. Man ist logisch und die Konsequenz ist ökologisch.
Was ist denn der letzte Gegenstand, den du gesehen hast und der dich faszinierte?
Körbes holt sein Handy raus und scrollt durch seine Bilder.
Hier.
Auf einem Foto sieht man viele Betonsilos, die aneinander hängen.
Das ist wie das Futtersilo – nur in Groß und ganz viele zusammen.