Was er zum Leben braucht, bekommt er aus der Natur, wenn er mit seinem Boot rausfährt. Noch. Aber jedes Jahr schmilzt das Eis wegen des Klimawandels und reißt damit auch den Lebensraum von Tieren mit sich, von denen die Grönländer seit Jahrhunderten leben. Nach Schätzungen und Modellrechnungen von Glaziologen verliert Grönland jedes Jahr mehr als 200 Kubikkilometer Eis. Schmilzt der Eispanzer komplett ab, steigt der Meeresspiegel um sieben Meter, was einer weltweiten Sintflut gleichkommt.
23. Mai 2018 | Ausgabe 15
Tropic Ice
Die Fotografin Barbara Dombrowski ist durch vier Kontinente gefahren, um die Auswirkungen des Klimawandels zu dokumentieren.
TEXT Débora Backes
Was er zum Leben braucht, bekommt er aus der Natur, wenn er mit seinem Boot rausfährt. Noch. Aber jedes Jahr schmilzt das Eis wegen des Klimawandels und reißt damit auch den Lebensraum von Tieren mit sich, von denen die Grönländer seit Jahrhunderten leben. Nach Schätzungen und Modellrechnungen von Glaziologen verliert Grönland jedes Jahr mehr als 200 Kubikkilometer Eis. Schmilzt der Eispanzer komplett ab, steigt der Meeresspiegel um sieben Meter, was einer weltweiten Sintflut gleichkommt.
Entsaqua ist der Schamane des Dorfes Sharamentsa im ecuadorianischen Regenwald.
Er ist dort heimisch, aber jedes Jahr werden mehr Bäume des heiligen Waldes gerodet. Circa 13 Millionen Hektar gehen jährlich dem Regenwald verloren, weil seine Flächen für den Anbau von Soja, die Viehzucht und auch für die Erdölförderung abgeholzt werden.
Studien des WWF zeigen, dass ein großer Teil auch von deutschen Firmen virtuell belegt wird, um Schweine und Hühner hiesiger Mastanlagen zu füttern. Das bedeutet: Damit wir hier Fleisch essen können, werden Entsaqua und andere Ureinwohner Südamerikas vertrieben.
Khongorzul und Hura sind Nomadenkinder und leben in der Wüste Gobi in der Mongolei.
Ihre Mutter stellt kleine Kamele und Schafe aus Filz und Kamelhaar für die Touristen her. Der Vater kümmert sich um die 60 Kamele der Familie. Durch den Klimawandel ist die durchschnittliche Temperatur seit 1940 um 2,1 Grad Celsius gestiegen, mehr als doppelt so stark wie die Temperatur weltweit, warnt das mongolische Umweltministerium. Das Gras für die Tiere vertrocknet, das Land wird langsam von den Wüsten geschluckt.
Richard Nikolaus lebt am Fuß des Kilimandscharos in einem Naturschutzgebiet in Tansania.
Er gehört zum Stamm der Maasai, die wie 70 Prozent der afrikanischen Bevölkerung von der Landwirtschaft leben. Aber durch die auf den Klimawandel zurückzuführenden anhaltenden Dürren fallen immer häufiger die Ernten aus und viele Tiere sterben. Ohne Einkommen verliert er seine Existenzgrundlage und kann, zum Beispiel, seinen Kindern kein Schulgeld bezahlen.
Zunächst begleitete die Hamburger Fotografin Robbenjäger in Grönland, dann indigene Stämme in Ecuador. In großformatigen Bildern kontrastiert sie Menschen und Landschaften, die zwar auf unterschiedlichen Seiten der Erde leben, aber unter dem gleichen Problem leiden: dem Klimawandel. „Tropic Ice“ bringt das Schmelzen und das Versteppen, das Vertrocknen und Verbrennen in epischer Weise zusammen.
Die Menschen vor Ort stehen dabei immer im Mittelpunkt. „Ich wollte einfach die Geschichte anders erzählen“, sagt Dombrowski. „Ich glaube, dass Katastrophenbilder allein nicht genügen, um Menschen in der westlichen Welt wirklich zu erreichen.“ Ihre Fotos sollen Empathie erzeugen und Menschen zum Nachdenken über ihren eigenen Anteil am Klimawandel anregen. Im Sommer 2013 ist Dombrowski mit großformatigen Bildern nach Grönland zurückgekehrt und hat die Bilder an einem Eisberg installiert. „Indem ich die Bilder dort zeige, wo ich sie fotografiert habe, und den jeweils anderen Ort dazu bringe, habe ich sie vollkommen neu in die Landschaft integriert und baue damit eine Brücke zwischen den beiden Kulturen“, sagt Dombrowski. Als Nächstes möchte sie noch die untergehenden Inseln Ozeaniens besuchen und alle fünf Kontinente in einer Ausstellung am Fuß des Kilimandscharos vereinen.
„Wir als westliche Welt sind nicht nur Ursache, sondern auch Opfer des Klimawandels.“ Deswegen ist ihr wichtig, dass Menschen aus unseren Breitengraden auch in dem Projekt mitmachen, und zwar mit ihren eigenen Porträts. Wer mag, kann mit einer Spende auch ein Bild von sich mitschicken. Das wird dann in Form einer tibetischen Gebetsfahne in die Ausstellung integriert. „Wenn viele Leute mitmachen, ist es schon ein großes Statement“, sagt Dombrowski.
www.tropic-ice.com